Anísio Santiago - eine brasilianische Legende

Der Geburtstag des Cachaça-Pioniers und Verursacher des größten Marken-Rechtsstreites in der brasilianischen Geschichte, Anísio Santiago, jährte sich am 2. Februar zum 100. mal. Sein Cachaça "Havana" oder "Anísio Santiago", den er seit 1943 produzierte, in Bierflaschen abfüllte und mit einem Kronenkorken verschloss, wurde mancherorts in Brasilien mit bis zu 1.000 Euro gehandelt.

Anísio gelang, was seiner Zeit schwer war - er überzeugte mit seinem Cachaça die Mittelklasse, auf importierte Destillate zu verzichten. In Zeiten, in denen das "Girl from Ipanema" auf englisch gesungen wurde und der Jet-set sich in Paris und New York umschaute, galt die westliche Welt als der Nabel der Kultur. Champagner und vor allem Johnnie Walker waren die statusträchtigen Symbole der Oberschicht. Der Cachaça von Anísio vermochte es jedoch, dies zu ändern: sein "Havana" wurde zum Mythos. Er produzierte niemals mehr als 7.000 (Bier)Flaschen im Jahr. Wer eine dieser 600ml-Flaschen bekam, bewahrte sie wie ein Schatz auf und genoss sie nur zu ganz speziellen Anlässen. So wurde er zum Symbol für Qualität und Tradition.

Mit der begrenzten Produktionsmenge und der 8-jährigen Lagerung in Bálsamo-Holz wurde er auch im Ausland zum Objekt der Begierde. Selbst Fidel Castro bewahrte einige Flaschen auf.

Anísio war es auch, der den größten Marken-Rechtsstreit Brasiliens verursachte. Sein Cachaça "Havana" führte zum Rechtstreit mit dem Spirituosen-Anbieter Pernod Ricard. Nach vielem Hin und Her, nach Umbennenung in "Anísio Santiago" und 22 Jahren juristischer Auseinandersetzung ist der Streit beigelegt worden - am 6. September 2011. Die Marke "Havana" ist jetzt wieder "brasilianisch". Anísio erlebte dies nicht mehr, er verstarb mit 90 Jahren 2002.

In Salinas, der Cachaça-Metropole Brasiliens, das in Wahrheit nur ein kleines überschaubares Nest ist, sind heute viele Enthusiasten zu finden, die sich der traditionellen Cachaça-Herstellung verschrieben haben. Hier wurde die weltweit erste Cachaça-Universität gegründet und hier produziert die größte traditionelle Destillerie Brasiliens in enger Zusammenarbeit mit der Universität die Marke SELETA - den meistgetrunkenen traditionellen Cachaça Brasiliens. Aber auch andere Sorten haben in Salinas ihr zu Hause: Saliboa, Artista, Boazinha, Salimel... In den kleinen Bars im Stadtzentrum werden die fermentierten und destillierten Zuckerrohrsäfte in gemütlicher Atmosphäre genossen.




Milchige Spirituosen - Raki, Ouzo und Co. okay - aber Cachaça?


Was haben Raki, Absynth und Pastis mit Cachaça gemeinsam? Von anishaltigen Spirituosen wie Raki, Absynth, Ouzo und Pastis ist bekannt, dass sie milchig werden, wenn Sie mit Wasser verdünnt oder sehr stark gekühlt werden. Die Ursache dafür ist der hohe Gehalt an ätherischen Ölen, vor allem aus Anissamen und anderen Gewürzpflanzen wie Minze, Koriander und Melisse. Dieser Effekt wird auch als Louche-Effekt (franz.: louche - undurchsichtig‚verdächtig) bezeichnet.

Ölige und wässrige Flüssigkeiten können sich bekanntermaßen nicht miteinander vermischen. Alkohol spielt dabei eine Art Zwitterwesen – er ist wasserlöslich, hat aber auch die Eigenschaft Öle – in kleinen Mengen – in reinem Alkohol aufzunehmen. Deshalb lösen sich auch die ätherischen Öle im Schnaps, sodass der Schnaps klar bleibt. Wenn man aber Wasser dazugibt, ist es damit vorbei. Der gleiche Effekt tritt ein, wenn die Spirituose gekühlt wird.

Von gereiften Spirituosen wie Whisky und Cognac ist dieser Effekt nicht bekannt, weil der Anteil von ätherischen Ölen nicht ausreichend hoch ist - auch dann nicht, wenn sie länger reifen, um möglichst viele Aromen aufzunehmen. Es gibt aber eine weitere Spirituose, die milchig-trüb sein kann: Cachaça.

Ja, Cachaça; die mit Abstand vielfältigste Spirituosengattung ermöglicht die Reifung in verschiedensten Holzsorten - derzeitig sind es 25 - zu denen auch das Holz Putumujú zählt. Dies ist besonders reich an ätherischen Ölen und wird aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit auch im Schiffbau verwendet.

Die Destillerie "Engenho Bahia", die sich mit Leib und Seele der traditionellen Cachaça-Herstellung verschrieben hat, nutzt genau dieses Holz für das Finishing eines Cachaças, den sie nach dem Holz "Putumujú" genannt hat. Der Reichtum an ätherischen Ölen sorgt dafür, dass dieser Cachaça nicht nur eine runde Holznote mit großartiger Balance besitzt, wie es im Blog what a drink! heißt, sondern auch milchig-trüb aussieht, nachdem er von Fass- auf Trinkstärke verdünnt wurde.


Der "Putumujú" wird in Flaschen abgefüllt, die einzeln nummeriert sind. Die Destillerie "Engenho Bahia" ist eine der wenigen, die sich dem Aufwand der Zertifizierung als Qualitätsbrennerei durch den brasilianischen TÜV, dem Instituto Baiano de Metrologia e Qualidade (IBAMETRO) unterzogen hat und das "Selo de Qualidade" tragen darf. Der Cachaça wird in kleinen Kupferbrennblasen destilliert und 2 Jahre in Putumujú gelagert.