Reifung - fernab erhöhter Strahlung

Vor einigen Tagen wurde hier berichtet, dass brasilianische Wissenschaftler an einer Methode arbeiteten, Spirituosen reifen zu lassen, die weniger zeitaufwändig ist. Mit Hilfe radioaktiver Strahlung konnte die Reifungszeit verringert werden.

Wie aber wird sonst in Brasilien eine Spirituose, die voller Temperament die Kupferbrennblase verläßt, gezähmt?

Unter Brennmeistern ist anerkannt, dass eine Temperatur von mehr als 30°C kontraproduktiv für die Reifung ist. Rio de Janeiro, direkt am Meer gelegen, hat tagsüber eine Durchschnittstemperatur von 27,2° - das Maximum wurde mit 43,2°C gemessen. Weiter nördlich in Manaus, im Amazonas sind es am Tag durchschnittlich 31,4°C. Brasilien - bekannt für sein heißes Pflaster - bietet also keine berauschenden Vorraussetzungen zur Lagerung von Spirituosen. Zumal auch Temperaturschwankungen während des Lagerns vermieden werden sollen, um die Sprirituose stressfrei lagern zun können.

Aufgrund der hohen Temperaturen in Brasilien reift ein Cachaça wesentlich schneller - es gilt die Faustregel, dass ein Whisky, der in Schottland etwas mehr als 3 Jahre lagert, in Brasilien den gleichen Reifegrad bereits nach einem Jahr erreicht.

weitere Infos: SERRA DAS ALMAS
Auf der Fazenda Vaccaro, auf der der erste zertifizierte BIO-Cachaça Brasiliens, der SERRA DAS ALMAS hergestellt wird, greift man auf einen Baustoff zurück, der Wärme speichern kann und wasserdurchlässig ist: Lehm. Aus besonders großen Lehmziegeln wurden die Lagerhallen mit einer Wandstärke von fast einem halben Meter gebaut. So werden Temperaturschwankungen minimiert. Aber viel wichtiger ist, dass aufgrund der Wasserdurchlässigkeit der Lehmziegel es möglich ist, Verdunstungskälte entstehen zu lassen. So lagern die Garapeira-Fässer wohltemperiert am Fuße der Chapada Diamantina. 

Unverwüstlich und wohl in der Art einzigartig ist die Reifung auf der Fazenda Boa Vista, der ältesten Destillerie Brasiliens. Hier wird der CORONEL XAVIER CHAVES in über 200 Jahre alten Granittanks gereift, die per Hand in das Gestein geschlagen wurden. Granit ist vulkanischen Ursprungs und weist eine natürliche Radioaktivität auf, die wie Wissenschaftler festgestellt haben durchaus förderlich für die Reifung sein kann.
weitere Infos: CORONEL XAVIER CHAVES

Viele Produzenten lassen den Cachaça in Holzfässern reifen, die den Geschmack weiter verändern - eine Methode, die der Purist Rubens Chaves ablehnt. Für einen reinen unverfälschten Cachaça setzt er auf seine Steintanks, die unterirdisch nur minimalen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. So lagert das Destillat sanft und kann "ausruhen", wie man in Brasilien sagt.

In komplexen biochemischen Vorgängen entstehen so  feinste Destillate - auch in weniger günstigen Lagen.

Cachaça artesanal versus industrial

Ein kurzer Film über den Unterschied zwischen Cachaça artesanal und dem industriellem Zuckerrohrdestillat. Gefunden auf www.jericoa.eu. In 9:14 Minuten wird auf portugiesisch der Unterschied gezeigt.

Die Reifung von Spirituosen - ohne langwierige Fasslagerung


Wer Spirituosen liebt, weiß, dass selbst die kurze Lagerung unverzichtbar ist, um eine ordentliche Qualität zu erhalten. Ein guter Cachaça - so lautet eine  unbelegte Weisheit -  ist der, der in Holzfässern reift. Während der Reifung sorgen chemische Prozesse für eine Veränderung des Charakters und des Geschmacks, die das Destillat letztendlich auch wertvoller machen. Nur ist die Lagerung sehr zeitaufwändig.

Wie also wäre es, so fragten sich Wissenschaftler der größten Universität Brasiliens USP, wenn man den Geschmack der Sprituose so verändern könnte, dass man auf die zeitaufwändige Reifung verzichten oder sie zumindest reduzieren könnte?

Wissenschaftler des Zentrums für Nuklearenergie in der Landwirtschaft (Centro de Energia Nuclear na Agricultura (Cena), der Universität São Paulo, gingen der Frage nach  und entdeckten, dass die Radioaktivität als Alternative zur traditionellen Reifung in Holzfässern genutzt werden kann.

Die Untersuchung ergab, dass eine relativ niedrige Dosis von 0,3 Kilogray den Reifungsprozess wesentlich beschleunigen kann. "Wenn man die üblichen Parameter zugrunde legt, entsteht so ein Cachaça, der dem nach traditionellen Methoden gereiften in nichts nachsteht." sagt der Koordinator der Studie, Professor Valter Arthur.

Ein Vorteil der Reifung durch die Strahlung ist die Reduktion von Aldehyden, die für die Kopfschmerzen nach dem exzessiven Genuss verantwortlich sind.

Das einzig ungewöhnliche an dieser Methode ist, dass ein Cachaça entsteht, der wie ein gereifter Schnapps schmeckt, aber nicht so aussieht. Es fehlt die goldene Färbung, die die (brasilianischen) Liebhaber der Nationalspirituose mögen.

Wem das jetzt zu abgefahren erscheint, dem sei gesagt, dass die Behandlung von Lebensmitteln mit ionisierenden Strahlen derzeit in ca. 40 Ländern zum Zwecke der Konservierung von Lebensmitteln und der Verringerung von lebensmittelbedingten Infektionen angewendet wird. Hinzu kommt vor allem in den USA die Insektenbekämpfung bei Obst zur Erfüllung der Quarantänevorschriften. Im Bereich der Europäischen Union findet eine nennenswerte kommerzielle Lebensmittelbestrahlung in Belgien, Frankreich, und den Niederlanden statt. Für die Haltbarkeitsverbesserung von Frischfisch und Erdbeeren wird beispielsweise die 10fache Menge der Strahlung verwendet.